weinheim

20
Aug
2007

wenn die junkies trauer tragen

das rodensteiner in weinheim hat fuer immer seine pforten geschlossen
es war gefühlte 80 jahre vor der erfindung des rades, da lydia koob in das leben der stadt weinheim trat. als wirtin des rodensteiner tat sie über jahrzehnte eigentlich nichts. jedenfalls nichts, um die bausubstanz ihrer kneipe und der ihr gehörenden umliegenden bauten zu erhalten. patina legte sich über das viertel. oder war es nur der staub, der nach und nach diesen halben straßenzug überdeckte? ich maße mir kein urteil an. sicher ist zumindest, dass das rodensteiner einem jeden in weinheim bekannt war. vielen als ein heimeliger ort des abhängens und fairer bierpreise. noch viel mehr anderen als ein numinoser ort erschröcklicher sagen und legenden.

all das ist nun geschichte. über dem lokal wohnten liebenswerte menschen, zu deren beschreibung der moderne ausdruck des abgehängten prekariats ein euphemismus wäre. rings um diesen ort wohnten kaum ein paar schritte entfernt immerhin gleich drei viel beschäftigte heroin-händler. und im rodensteiner ging allerlei volk ein und aus, bei dessen anblick der brave bürger die straßenseite wechselte und der geneigte sozialarbeiter feuchte augen bekam.

all das ist nun geschichte. kein kostenloses billard-spiel mehr mit dem einzig verbliebenen krummen queue, der aus respekt nicht einmal von den rüdesten banausen für die regelmäßigen kneipenschlägereien missbraucht wurde. kein muffiger duft mehr von feuchten wänden, kaputten klos und allerlei rauchwaren, den auch dreifach geweihtes persil den kleidern nicht entreißen konnte. keine glasigen augen mehr von einsamen herzen, die an diesem außerweltlichen orte bierselig zueinander fanden und auch den letzten jointstummel und die letzte nase glückspulver teilten. kein geschrei mehr, wenn lydia vergeblich versuchte, die fäuste am fliegen zu hindern, weil einer "bulle" gesagt oder eine kaum mehr als solche erkenntliche frau angeschaut hatte.

all das ist nun geschichte. der wirtschaftskontrolldienst hat die geduld verloren. nach jahrzehnten seufzender ergebenheit hat die staatliche macht ein wort derselben gesprochen. schade. sehr schade. das rodensteiner wurde zwangsgeschlossen. der straßenzug wird zwangsversteigert. der letzte hort der anderswelt in weinheim haucht nun sein leben aus. ein guter freund aus dem berliner umland beschrieb das rodensteiner einst mit den worten: "stell dir neukölln vor. fünfter hinterhof. sechster kohlenkeller. das ist gegen das rodensteiner ein nobles restaurant." so gesehen verliert weinheim eine einmalige kulturlandschaft, wie es sie nirgends in deutschland ein zweites mal gibt. nicht einmal im großen berlin, wo es angeblich alles geben soll. bitte legt mit mir eine schweigeminute ein. vielen dank.

hline

10
Feb
2007

weinheim, gäste und bier

heute wird bestimmt ein feiner tag. gegen 14 uhr bekomme ich besuch aus potsdam und geislingen. mit meinen gästen werde ich zu einem kleinen stadtrundgang aufbrechen. ich denke, weinheim wird ihnen sicher gefallen. ist ja ein hübsches städtchen. (an der berühmten hildebrandt'schen mühle kommen wir voraussichtlich auch vorbei.)

gestern habe zudem noch frisches bier geholt. natürlich das gute aus unserer hausbrauerei. da verstehen sie auf jeden fall was von gutem bier, wie auch die bewertung in den charts von den testern aus bierwana beweisen. hachz, das wird ein lustiges wochenende. freuet euch!

hline

22
Jan
2007

etappensieg

die konzernleitung des freudenberg-konzerns hat den betriebsrat heute persönlich und mit einem schriftlichen beleg (siehe www.dgb-weinheim.de) über den umstand informiert, dass die verkaufsverhandlungen im moment nicht fortgesetzt werden. grund nummer eins sei die wiederherstellung und der erhalt des betriebsfriedens. grund nummer zwei sei, dass man die belieferung der kunden des konzerns sicherstellen wolle. grund nummer drei sei, dass man gespräche zwischen den belegschaftsvertretern und "potentiellen strategischen partnern" ermöglichen wolle.

das würde ich als etappensieg der weinheimer arbeiter betrachten wollen. die ersten beiden gründe zeigen, dass der druck der arbeiter hier was bewirkt hat. grund nummer drei verspricht zwar eine verbesserte informationspolitik seitens der konzernleitung, aber er besagt auch, dass der verkauf eben doch nicht vom tisch ist. naja, mal sehen, wie es weiter gehen wird.

dankeschön auch an die solidaritätsbekundungen hier im blog. das find ich toll, sowas lesen zu können. (wobei mit auffällt, dass gerade die jungen leser meines blogs sich dabei zurück gehalten haben. oder sehe ich da was falsch?)

hline

nächste runde

so. ein halbes dutzend thermoskannen voller frischem kaffee stehen bereit. will noch jemand eine kanne beisteuern? oder mag jemand einen becher voll?

hline

19
Jan
2007

in weinheim geht's ab!

ich bin am arsch. aber der tag hat sich gelohnt. wie angekündigt bin ich kurz nach fünf uhr in der frühesten frühe mit einem guten genossen am werkstor 1 des freudenberg-konzerns angekommen. wir hatten sechs thermoskannen frischesten kaffee und einen haufen pappbecher dabei. die kollegen vor dem tor haben sich sehr über die geste gefreut. nach fünf minuten waren alle kannen leer. darum sind wir nochmal zu mir und haben noch eine lage kaffee gebrüht. musste einfach sein. danach wurde der kaffeenachschub über den betriebsrat und die werkskantine sichergestellt. (aber unserer war natürlich besser. *g*)

warum soviel kaffee wegging? tja, es waren halt sehr viele kollegen aus dem werk vor ort, um flugblätter zu verteilen. es waren so viel, dass alle werkstore dicht waren. den ganzen tag ging kein lkw rein oder raus. die produktion kam offensichtlich zum erliegen. auch aus den anderen betriebsteilen kamen leute zu den toren, um ihre kollegen zu unterstützen. während dessen verhandelte die betriebsratsspitze bis 12 mit der konzernleitung. dann kam sie an die werkstore, um über den zwischenstand zu berichten. dieser würde in einer zeitung ausgedrückt werden mit: "die fronten sind verhärtet." arbeitskampf pur.

unterdessen waren die nach und nach die reporter von weinheimer nachrichten, rhein-neckar-fernsehen, swr, rhein-neckar-zeitung und hürriyet am werk angekommen und ließen sich im zwischenzeitlichen nieselregen von den kollegen berichten. von ihrer angst vor dem ausverkauf. von der sorge um ihre arbeitsplätze. von der kompromisslosen haltung der konzernleitung.

um 15 uhr haben die beschäftigten ihre betriebsversammlung vom vortag fortgesetzt und beraten über das weitere vorgehen. (und ich bin nach hause gegangen und hab mich erstmal aufgewärmt.) wie es aussieht, wird am montag da weitergemacht, wo heute aufgehört wurde. es sieht nach heißen tagen und wochen aus in weinheim. klassenkampf reloaded.

auch, wenn ich nicht beim freudenberg-konzern arbeite: ich bin froh, dass ich heute da gewesen bin. sowas hat es in weinheim noch nie gegeben. die neu entdeckte solidarität unter den hiesigen arbeitnehmern hat mich schwer beeindruckt. big respect! und viel erfolg!

[weitere aktuelle infos: www.dgb-weinheim.de]

p.s.: schaut euch in nächster zeit doch mal den film "bread and roses" von ken loach an. und trinkt einen solidarischen kaffee auf die arbeitnehmer des freudenberg-konzerns! danke.

hline

18
Jan
2007

weinheim: klassenkampf reloaded?

heute mal wieder ein paar infos aus dem schönen weinheim. einige von euch wissen schon, dass mein städtchen über 42.000 einwohner hat und über einen hohen freizeitwert verfügt. heute geht es allerdings leider um eher unerfreuliche entwicklungen.

weinheims größter arbeitgeber ist der familienkonzern freudenberg. den kennt kaum einer, aber jeder nutzt seine produkte. ob die dichtungsringe in waschmaschinen oder geschirrspülern, ob vileda-tücher, die vliseline-einlagen in teuren sakkos oder die ölfilter im auto. außerdem sind die kunststoffbodenbeläge in deutschen flughäfen und zügen auch von freudenberg. um den ganzen kram herzustellen, arbeiten im weinheimer stammwerk gegenwärtig rund 6.000 menschen. noch. die unternehmensleitung will aber ganz offensichtlich weiter "verschlanken". ganz offiziell heißt es, nur noch das "kerngeschäft" (in einem mischkonzern???) solle in weinheim bleiben. welches das ist, wird allerdings nicht mitgeteilt.

schon im letzten jahr wurden erste "testballons" abgelassen. die werklogistik wurde verkauft und die neue "fremdfirma" dann ohne aufträge im regen stehen gelassen. im sommer wird sie dicht gemacht, 50 leute arbeitslos.

dann wurde angekündigt, im bereich vliesstoffe 350 leute zu feuern. nach monatelangem trara von betriebsrat und belegschaft sind es nun "nur" 100, die ihren job verlieren. als diese woche die "benachrichtigungen" kamen, wurde ein teil der leute mit taxis und krankewagen vom werksgelände geschafft.

und jetzt geht die konzernleitung richtig ran. im letzten jahr verkündete sie den 1.000 mitarbeitern des bereichs bausysteme, dass sie entweder mindestens 5,5 millionen euro nettogewinn erwirtschaften muss oder verkauft wird. ist nicht nett, aber der bereich brachte es dann sogar auf 8,5 millionen. scheint die chefs aber nicht zu interessieren. der bereich soll an einen konkurrenten verscherbelt werden. das bedeutet mittelfristig das vollständige aus für die weinheimer bodenbelagsproduktion. und weitere 1.000 erwerbslose.

die arbeiter fühlen sich verschaukelt. heute nachmittag wird es eine betriebsversammlung geben. die stimmung bei der belegschaft ist (vorsichtig formuliert) gereizt. freitag früh geht es wohl gleich weiter und es werden vor den werkstoren stimmungsvolle flugblätter verteilt. ich glaub, ich geh da mal hin und bring den jungs mal ein bisschen kaffee vorbei. es soll ja stürmisch werden.

hline

18
Okt
2006

gute laune und grüne koinszidenz

heute war ein herrlicher tag. die sonne hat am himmel geschienen. und mir aus dem arsch. heute morgen hatte ich beschlossen: dieser tag gehört nicht der erwerbsarbeit. ich bin nicht hingegangen. einfach, weil ich heute so gar keine lust gehabt habe. ihr könnt mir glauben, das ist ein herrliches gefühl. dumdidum. *g*

vorhin beim spazierengehen ist mir übrigens nochwas aufgefallen. am platz am rodensteiner brunnen haben die grünen vor ein paar monaten ein parteibüro eröffnet. seitdem schauen ihre abgeordneten fritz kuhn (bundestag) und uli sckerl (kreistag) von ihren plakaten über den platz. soweit, so üblich. aber vorhin ist mir aufgefallen, dass vor kurzem der dort gegenüber gelegene naturkostladen pleite gemacht hat. seltsame koinszidenz... *g*

hline

17
Okt
2006

mutige alte damen

ich hab ja in der letzten zeit immer mal wieder beiträge geschrieben, in denen religionen thema sind. vor allem der artikel "christen nerven" hat einiges an resonanz gefunden. aber heute hat sich tatsächlich "shit happens!" bewahrheitet.

mein name ist mal wieder in der lokalen presse zu lesen gewesen, was mir als sprecher der örtlichen linken ja ab und zu passieren kann. das scheinen auch einige vertreter einer ortsansässigen christlichen gruppe bemerkt zu haben. also klingelten sie heute morgen an meiner haustür und mich damit wach. "knock, knock: shit happens" sag ich nur.

verschlafen wankte ich zur tür. da standen zwei alte damen vor mir und schauten mit ehrfürchtigem blick zu mir hoch. immerhin hatten sie sich ja in die höhle des löwen gewagt, muss ich doch für sie sowas wie ein jünger satans sein. nachdem sie aber schnell bemerkten, dass ich ihnen nicht sofort blitzende eispickel in die augen ramme, sondern einfach nur ein verschlafener kerl bin, fassten sie sich ein herz und reichten mir ein flugblatt ihrer truppe mit dem hinweis, das sei mein ganz persönliches exemplar. dann machten sie auf dem absatz kehrt, huschten von dannen und begannen einige meter weiter, erleichtert miteinander zu giggeln und sich über ihren mut zu freuen.

jetzt habe ich hier ein flugblatt liegen, auf dem ganz groß steht: "DAS ENDE DER FALSCHEN RELIGION IST NAHE!" und der text lehrt, die falsche religion mische sich in die politik ein, verbreite unwahre lehren und toleriere unmoral, letzteres beschrieben als toleranz für homosexuelle. wenn es ihnen nicht so ernst wäre, man könnte die zeugen jehovas glatt für kabarettisten halten. (aber immerhin: wenigstens die anderen mieter im haus haben sie in ruhe gelassen.)

hline

14
Okt
2006

anleitung zum kuscheln

heute war die weinheimer käsemeile. dort habe ich am stand der linken gestanden und mich über die resonanz gefreut. das ist aber nicht das thema dieses beitrags. es war nur der hintergrund, weshalb ich diesen beitrag jetzt schreibe.

als ich nämlich so in der fußgängerzone stand, kam mir eine liebe bekannte entgegen. sie ist diplomierte psychologin. eine ihrer aktivitäten sind die heidelberger kuschelparties. dort treffen sich alle zwei wochen leute, die unter ihrer fachkundigen anleitung einfach mal ein bisschen kuscheln wollen.

ich finde es zwar persönlich traurig, dass es menschen gibt, die diesen weg gehen müssen, um menschliche nähe erleben zu können. aber ich finde es gut, dass es menschen wie meine liebe bekannte gibt, die mit einem solchen angebot einen rahmen schaffen, in dem menschen ein kleines bisschen aus ihren blockaden herausfinden können. und darum hab ich an dieser stelle diesen link gern gesetzt.

hline

8
Okt
2006

unser neues bordell

heute will ich euch mal zeigen, in was für einem hübschen städtchen ich lebe. anlass dazu ist ein besonderer sanierungsfall. die hildebrandt'sche mühle ist eines der schönsten baudenkmäler in weinheim. allerdings steht sie seit über 50 jahren ungenutzt in der landschaft. nach jahrzehnten des verfalls hat sich nun endlich ein investor gefunden, der das gute stück wieder herrichten will. allerdings ist der investor nicht nach jedermans geschmack, denn aus der alten mühle soll ein großbordell werden, dass selbst in frankfurt am main nicht zu finden ist. lange zeit machten die spießbürger der stadt dagegen mobil, von der cdu bis zum pfarrer der peterskirche, welche vis a vis der mühle steht. nachdem nun aber rechtlich alles unter dach und fach ist, das bordell also einzug halten darf, hat ein großer umschwung in der stadt stattgefunden. prompt kommen die besonders meisterhaften journalisten von spiegel tv und bringen einen beitrag. viel spaß damit:



den beitrag hab ich gefunden bei redefluss.

hline
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Stephen (Gast) - 1. Dez, 12:01
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warum hat uns die natur den schlafmohngeschenckt ,wierd...
alf (Gast) - 27. Nov, 22:30
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Heute Abendwar ich unterwegs in Weinheim. Und dem Zufall...
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Rene Rencontre (Gast) - 16. Jul, 08:42


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