Manuel (Gast) - 26. Jun, 10:29

hmm...

.... interessante Idee mit einigen Schwächen. Wie Herr Gysi schon sagt müssten die Fragen ein Jahr vor der nächsten Wahl formuliert werden.

Was ist wenn sich innerhalb diesen Jahres die Rahmenbedingungen dieser Frage vollkommen ändern-oder hinterher?

Beispiel Dreden: Das Volk hat entschieden eine Brücke bauen zu lassen, ohne im entferntesten ahnen zu können dass dies die Aberkennung des Unesco-Titels als Weltkulturerbe zu Folge haben könnte. Ein Parlament kann hier relativ schnell auf die geänderten Rahmenbedingungen reagieren, was bei einem bindenden Volksentscheid nicht mehr möglich ist. Ich bezweifle doch stark, dass die Dresdener genauso entschieden hätten, wenn Sie das vorher gewußt hätten. Die Stadt Dresden ist jetzt in der perversen Situation eine Entscheidung durchsetzen zu müssen, die der Stadt schadet (So ein Titel bringt ja auch Kohle).

Nächster Punkt, wie sieht es denn mit der in unserer Verfassung verankerten Gewissensfreiheit unserer Abgeordneten aus? Eine solche Frage hat ja noch keinen Gesetzescharakter, ich kann mir nicht vorstellen, dass Herr Gysi fertige (und damit für das Wahlvolk viel zu komplizierte) Gesetzesentwürfe in die Volksabstimmungen bringen will, was zur Folge hat, dass die Antworten dieser Fragen dann später in einen Gesetzestext zu pressen wäre, der dann zur Abstimmumg in die Parlamente müsste. Wenn aber die Antwort auf diese Fragen quasi schon vorher fest steht, nimmt das unseren Abgeordneten das von der Verfassung zugesicherten Recht auf Gewissensfreiheit.

Dritter Punkt, der generell gegen Volksabstimmungen geht. Die Meinungsbildung in unserer Gesellschaft läuft zum größten Teil über die Medien. Ich sehe die Gefahr, dass die Volksabstimmungen (etwas überspitzt formuliert) letztlich nicht den Willen des Volkes, sondern den Willen der BILD wiederspiegeln.

Fazit: Das von Herrn Gysi vorgeschlagene Verfahren kann bestenfalls den Charakter von Empfehlungen des Volkes an die Parlamente haben, das Volk bekommt die Möglichkeit seinen Willen zu bestimmtem Sachfragen kund zu tun- das hat einen gewissen Charme und ist durchaus nachdenkenswert.

konsulat - 2. Jul, 16:24

Ich stimme dir in einigen Kritikpunkten zu. Aber wird die Gewissensfreiheit nicht permanent durch Fraktionsdisziplin unterlaufen? (Wobei ich jetzt NICHT ein eventuell negatives Vorgehen mit einem anderen - definitiv negativem - rechtfertigen möchte.

Zu deinem Dritten Punkt: das ist meiner Meinung nach ein typisches Argument der politischen Rechten (obwohl ein BILD-Journalismus ja oft in deren Hände spielt), dass Volksentscheide "über Medien" abgewickelt werden. Das spricht dem Bürger jegliche Verantwortung und Entscheidungskraft ab.

Unsere Gesellschaft tendiert a) dazu, die Schuld den Medien zuzuschieben und den Bürger reinzuwaschen und b) dem Bürger andererseits nichts zuzutrauen (auch, aber nicht nur, wegen "böser Medien").

Aber ich bin der Meinung, dass mehr Entscheidungs- und Mitbestimmungsmöglichkeiten für die Bürger erstens zu mehr Partizipation führt, zweitens die Informationspolitik verbessert und deshalb drittens politischen Entscheidung wesentlich mehr Legitimität verleiht. Den Neins in Frankreich und Holland messe ich mehr Legitimität bei, als dem Ja in Deutschland -- und das nicht nur, weil die Bürger selbst entscheiden konnten, sondern weil nahezu jeder Franzose und Holländer sich um ein vielfaches mehr mit dem VVE auseinander gesetzt hatte.
Manuel (Gast) - 2. Jul, 19:25

Fraktiosdiszipiln ist politischer Alltag- das ist so. Ob das ein Unterlaufen der Gewissensfreiheit ist-schwer zu sagen. Wenn ein Abgeordneter gerade der großen Parteien und bei der derzeitigen Machtkostellation gegen einen Gesetzentwurf der eigenen Regierung votieren möchte wird er wahrscheinlich erst gar nicht zur Abstimmung kommen-fällt eh nicht auf.
Und wenn ein Abgeordneter nach seinem Gewissen häufiger gegen die Entwürfe der eigenen Partei stimmen müsste, sollte er sich überlegen ob er noch in der richtigen Partei ist.

Ich bin selbst sehr gespalten was das Thema Volksabstimmungen angeht- auf der einen Seite fände ich die Möglichkeit stärker an den Entscheidungen der jeweiligen regierungen mitbestimmen zu können sehr sinnvoll, andererseits mangelt es mir an Vertrauen in das Volk.
darkrond - 2. Jul, 21:30

ach manu, jetzt mal mit meiner gefürchteten schlichtheit: schau dir doch unsere volksvertreter an. meinst du, die bevölkerung kann es nicht mindestens genauso gut wie die meisten, du uns vertreten sollen? wo sind die politiker denn sinnvoller in ihren entscheidungen als andere menschen? welche qualifikation braucht ein politiker?

wenn es um die gewissensfreiheit der politiker geht, die wird durch referenden meiner meinung nach weniger eingeschränkt als durch den heutigen fraktionszwang durch eine kleine aber machtvolle fraktionsführung. wenn die politiker die vorgaben der fraktionsspitze nicht befolgen, werden sie bei der folgenden wahl gern mal nicht mehr aufgestellt. wenn die politiker die vorgaben eines referendums nicht einhalten, wird entweder das bundesverfassungsgericht (oft folgenlos) schimpfen oder die bevölkerung wählt die ignoranten einfach nicht mehr.

manuel, bei referenden wird tendenziell konservativer abgestimmt werden als wir das vielleicht möchten. aber wer bitte ist denn souveräner als der souverän? und der ist laut verfassung immer noch die bevölkerung und nicht das parlament. das parlament ist und bleibt stellvertreter des volkes. und das volk muss nicht immer den stellvertreter vorschicken.
Manuel (Gast) - 5. Jul, 10:55

Nu ich wieder mit meinem bekannten Hang zur Praxisnähe.
Wie das Beispiel Elbschlöschenbrücke in Dresden gezeigt hat, können solche Referenden auch massiv nach hinten los gehen.

Ich find die Idee vom Gysi allerdings sehr gut, solange das Ganze keinen Gestzescharakter hat-oder aber man muss die Möglichkiet schaffen bei massv geänderten Rahmenbedingungen die Leuts nochmal zur Abstimmung rufen zu können.
Dabei wären folgende Fragen zu klären:

1. Wie definiert man "massiv geänderte Rahmenbedingungen?
2. Wer stellt das fest?
3. Wie verhindert man, dass die Leuts dann so oft zur Urne gerufen werden bis ein "passendes" Ergebniss für unsre Volkvertreter bei rauskommen?

Wenn man dafür praxistaugliche Antworten findet, steht für mich der Einfürung von Referenden nichts mehr im Wege.

Ich würde den Vorschlag vom Herrn Gysi dann noch in einem Punkt abändern. Ich würde mit den Fragen nicht gleich ans BVG gehen-die sind eh überlastet- eher eine Verfassungskommission des Bundestages, dass zunächst die reine Verfassungsmäßigkeit einer Frage feststellt-die Möglichkeit das bei Bedarf noch vom BVG überprüfen zu lassen bleibt davon natürlich unberührt.
darkrond - 5. Jul, 11:30

hi manu, dein praxisbeispiel finde ich schlecht gewählt. zum einen deshalb, weil jede entscheidung, egal ob durch referenden oder durch vertreter getroffen, nach "vorne" oder "hinten" losgehen können. zum anderen deshalb, weil leider auch nach der kritik der unesco eine mehrheit der dresdner wie auch der vertreter der dresdner bürger die brücke will. hier haben die "massiv veränderten rahmenbedingungen" also nichts an der mehrheitsmeinung verändert.

weiterhin kann nach jeder entscheidung eine veränderung der bedingungen erfolgen. soweit es sich um gesetze handelt, sind diese darum ja auch nicht in stein gemeißelt sondern änderbar. sollten die menschen feststellen, dass ihre entscheidung nicht gut war, können sie diese also auch wieder revidieren. wo liegt dabei dein problem?

was du bei deinen ausführungen ausgeklammert hast, ist, dass gysi immerhin so nah an der parteiendemokratie bleibt, dass bei seinem vorschlag die parteien das vorschlagsrecht für die abstimmungsfragen behalten. wenn sie also ein jahr im voraus fragen vorlegen dürfen, dann werden sie wohl auch fragen stellen, die eine längerfristige perspektive haben: mindestlohn ja oder nein? bundeswehr out of area ja oder nein? bundeswehr im inneren ja oder nein? mehr überwachung ja oder nein? rente mit 67 oder 65? grundeinkommen oder grundsicherung? um solche ja-nein-fragen geht es also, und da kann man doch bestimmt die bevölkerung nach ihrer meinung fragen, oder? (bei anderen fragen, solchen mit kurzfristigem charakter z.b., würden die parteien als fragesteller sich ja sonst ins eigene knie schießen.)

dann noch zu deinem vorschlag, statt des bvg eine kommission des bundestages zu fragen, ob die fragen zulässig sind: find ich nicht gut. die kommissionen des bundestages werden immer durch die haltung der aktuellen regierungsmehrheit dominiert. ich will aber eine möglichst unabhängige prüfung. einfaches beispiel: auch, wenn die linksfraktion mit ihrer klage gegen den tornado-einsatz in afghanistan vor dem bvg nicht durchgekommen ist, so wurde diese klage doch zugelassen. im vorfeld hatten politiker von union und spd noch behauptet, diese frage brauche durch das bvg gar nicht erst behandelt zu werden. ähnliches dürfte sich abspielen, wenn eine kommission des bundestages über die fragen für die referenden entscheidet und nicht die verfassungsrichter.
Manuel (Gast) - 6. Jul, 13:01

Ok zu den Unfragen wg Dresden kann ich nix sagen, die eine die ich kurz nach der UNESCO Kritik gehört hatte zeichnete ein anderes Bild, kann aber nix dazu sagen wie representativ das ganze war.

Wie gesagt ich finde den Vorschlag von Gysi gar nicht schlecht und lehne ihn ja auch gar nicht grundsätzlich ab, sondern gebe nur einige praktische Probleme zu bedenken, die im Vorfeld zu klären sind.

Thema "nach vorne und hinten losgehen", ein Parlament hat bei geänderten Rahmenbedingungen einfach schneller die Möglichkeit zu reagieren und Entscheidungen zu revidieren als bei einer Volksabstimmung. Wo mein Problem liegt hab ich im letzten Beitrag geschrieben, wenn das Volk eine einmal getroffene Entscheidung wieder per Volksentscheid revidieren kann, wie verhinderst du dass die großen Parteien dann so lange abstimmen lassen bis ein für sie genehmes Ergebniss raus kommt?

Thema BVG- wenn ich deine Liste betrachte, dann ist davon nur ein Teil überhaupt verfassungsmäßig relevant- bei Rente mit 67 ja/nein wird niemand auf die Idee kommen die Verfassungsmäßigkeit anzuzweifeln, es geht mir darum das BVG ein wenig zu entlasten, indem man die Fragen abfängt, die die Verfassung keinesfalls berühren. Wenn diese Kommision zum Schluß kommt eine der Fragen sein mir der Verfassung nicht vereinbar, kann die entsprechende Partei ja immernoch das BVG anrufen um diese Frage klären zu lassen. Ich halte es nur für unnötig das BVG mit jedem Furz zu beschäftigen-die sind eh überlastet.

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